
Wir möchten an dieser Stelle als Mehrheitsgruppe im Rotenburger Stadtrat (SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE.) begründen, warum die Oberstufe an der IGS Rotenburg erforderlich ist, um der von keinerlei Selbstzweifeln getrübten Prophezeiung der Rotenburger CDU zum Ge- bzw. Misslingen einer integrativen Schulentwicklung entgegenzuwirken. Unser bestehendes Schulsystem muss sich ändern, weil sich auch die Gesellschaft ändert:
- Viele Kinder wachsen heute privilegiert und behütet auf, aber mehr als jedes vierte Kind wächst in prekären Verhältnissen auf. Diese Kinder brauchen oft mehr Unterstützung, als es die traditionellen Schulformen leisten können.
- Die Schülerschaft hat sich gravierend durch Migration verändert. Zwar sind die Kinder überwiegend in Deutschland geboren, aber ihre Eltern stammen aus mehr als 100 Ländern mit einer Vielzahl an Sprachen, Religionen und Prägungen.
- Familienformen und das Familienleben haben sich verändert: es gibt vermehrt Patchworkfamilien und Alleinerziehende; oft besteht die Notwendigkeit, dass beide Elternteile erwerbstätig sind, was eine vermehrte Inanspruchnahme der ganztägigen Schulbetreuung nach sich zieht.
- Die digitalen Entwicklungen wirken sich stark auf die Erfahrungswelten der Kinder und Jugendlichen aus: nicht selten werden sie konfrontiert mit kindheitsgefährdenden Inhalten und einer allgemeinen Informationsüberflutung, was enorme pädagogische Anstrengungen erfordert.
Demgegenüber kann das deutsche Schulsystem traditionell nicht gut mit Heterogenität und Ungleichheit umgehen. Seine frühe Einteilung und Trennung nach Leistungsvermögen festigt für einen großen Teil der Schülerinnen und Schüler eher nachteilig den weiteren Bildungsweg. In den PISA-Studien wird dem deutschen Schulsystem seit Jahren bescheinigt, dass es im Vergleich zu anderen Ländern unzureichend in der Lage ist, die Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrem Elternhaus bestmöglich zu bilden.
Die Grundschule ist der Ort, an dem alle Kinder gemeinsam erreicht werden. Mit der integrativen Gesamtschule ab Klasse 5 wird gemeinschaftliches Lernen fortgesetzt. Damit das pädagogische Konzept der IGS (gemeinsames Lernen und gegenseitiges Lehren von Stärkeren und Schwächeren) realisiert werden kann, müssen Schülerinnen und Schüler aller Leistungsstufen gemeinsam beschult werden. Dies gelingt nur dann, wenn für die Schülerinnen und Schüler, die bereits in der 5. Klasse leistungsstark sind, die Perspektive der Oberstufe bis zum Abitur ohne Schulwechsel besteht.
Unser Schulsystem muss sich transformieren, damit unsere Gesellschaft zusammenhält, Talente und Gestaltungsspielräume optimal gefördert werden und nicht, wie es derzeitig hingenommen wird, fast jedes zehnte Kind am System scheitert. Das kann sich unsere Gesellschaft nicht leisten!
Für die neue, erst letztes Jahr ins Leben gerufene Oberstufe an der IGS Rotenburg erfordert dies Durchhaltevermögen, sicher auch Selbstüberprüfung und vor allem guten Willen von allen Beteiligten und der Politik. Lassen Sie die IGS-Oberstufe sich ein paar Jahre ohne Störung von außen entwickeln, vertrauen Sie auf die Expertise der Landesschulbehörde und zerreden Sie nicht deren Erfolge!
Alles das lässt Eike Holsten in seiner „kleinen Anfrage“ im Landtag vermissen. Soll mit dieser Anfrage dem Rotenburger CDU-Orakel, dass die Oberstufe der IGS, die sich in der Trägerschaft der Stadt befindet (!), scheitern wird, etwa sogar nachgeholfen werden?
Die Rotenburger CDU muss sich grundsätzlich fragen lassen: Wem ist damit gedient, dass Sie unserer stadteigenen Schule eiskalt in den Rücken fallen?